Bürgerliche wollen Denkmalschutz lockern

Tagi, 25.05.2020

Ein SVP-Politiker spricht von einem «völlig übertriebenen Denkmalschutz» und will dies ändern. Hitzige Diskussionen sind programmiert.

Es ist bereits der elfte Vorstoss in Sachen Denkmalschutz, der in den letzten zwanzig Jahren im Zürcher Kantonsrat eingereicht wurde. Die meisten haben zumindest einen kritischen Unterton. Was nun aber Pierre Dalcher (SVP, Schlieren) in seiner letzte Woche eingereichten Motion fordert, würde den Zürcher Denkmalschutz umkrempeln. Unterstützt wird der Vorstoss von bürgerlicher Seite: von Sonja Rueff (FDP, Zürich), von Yvonne Bürgin (CVP, Rüti) und Markus Schaaf (EVP, Zell).

Der Denkmalschutz, wie er in Zürich derzeit praktiziert werde, sei «völlig übertrieben», sagt Dalcher auf Anfrage. Deshalb müsse das Denkmalschutzgesetz revidiert werden. Vorbild ist ihm dabei das Denkmalschutzgesetz des Kantons Zug, das seit Mitte Dezember gilt.

Künftig soll die Hürde dafür, ein Objekt unter Schutz zu stellen, viel höher sein. So soll es mindestens zwei von drei der folgenden Kriterien erfüllen: hoher wissenschaftlicher Wert, hoher kultureller Wert, hoher heimatkundlicher Wert. Allein schon diese Anforderung bezeichnete Martin Killias, Präsident des Schweizer und des Zürcher Heimatschutzes, im Vorfeld zur Zuger Vorlage als «kaum erfüllbar».

Bei weiteren ortete der Strafrechtsprofessor «viel Konfliktpotenzial». Das sieht Dalcher ganz anders: «Genau das Gegenteil ist wahr. Wir würden mehr Rechtssicherheit bekommen.» So verlangt er etwa, dass die Unterschutzstellung in der Regel mittels eines öffentlich-rechtlichen Vertrags erfolge. Darin soll die Finanzierung geregelt werden.

Innere Verdichtung gegen rigide Unterschutzstellung
Für das Thema sensibilisiert wurde Dalcher nach eigenen Aussagen unter anderem bei den Richtplandiskussionen vor drei Jahren. «Im Richtplan ist festgehalten, dass Stadtlandschaften und urbane Wohnlandschaften achtzig Prozent des Bevölkerungswachstums aufnehmen müssen.» Dieser inneren Verdichtung stehe die rigide Unterschutzstellung von Gebäuden ohne Absprache mit Gemeinden und Eigentümer im Wege.

Weiter verlangt die Motion, dass auch geschützte Baudenkmäler nach den «Bedürfnissen des heutigen Lebens und Wohnens» umgenutzt und «unter Berücksichtigung ihres Wertes» verändert werden dürfen. Dieser Passus enthält viel Konfliktstoff, wie etwa Diskussionen über Solarpanels auf Dächern von denkmalgeschützten Häusern zeigen. Killias sieht hierin – wieder im Zusammenhang mit dem nun geltenden Zuger Denkmalschutzgesetz – einen «Freipass für Auskernungen». Er vergleicht solche Schutzobjekte mit «Hollywoodkulissen»: «aussen herausgeputzt und innen banal».

In Zug stimmte das Volk zu
In Zug sprachen sich Regierung und Parlament für das neue Gesetz aus – das einen weiteren überaus umstrittenen Passus enthält: Gebäude, die nicht älter als siebzig Jahre sind, dürfen nur mit Zustimmung des Eigentümers unter Schutz gestellt werden. Auf diesen Paragrafen verzichteten die Zürcher Antragssteller. Mit guten Gründen. Derzeit beschäftigt sich nämlich das Bundesgericht damit, ob dies nicht gegen Bundesrecht verstosse. Der Entscheid wird im Spätsommer erwartet.

Aufgrund eines Referendums wurde die Zuger Gesetzesrevision dem Volk vorgelegt. Das Gesetz wurde mit einer Zweidrittelmehrheit angenommen.